Drei auf Reisen
Gegensätzlicher kann ein Paar wohl kaum sein als Conny und Douglas. Sie lebensfroh, chaotisch und Künstlerin. Er sehr zurückhaltend, Wissenschaftler und klar strukturiert. Doch wider Erwarten scheint es eine harmonische Beziehung zu sein bis nach mehr als 20 Jahren Conny ihrem Mann plötzlich eröffnet, dass sie sich von ihm trennen möchte. Douglas ist völlig unvorbereitet, denn sie hatten gemeinsam mit ihrem Sohn Albie eine große Tour durch Europa geplant, bevor dieser auszieht um ins College zu gehen. Doch die Reise soll stattfinden und Douglas plant, seine Frau wiederzugewinnen und seinem Sohn endlich näherzukommen.
Erzählt wird die Geschichte von Douglas, der abwechselnd von ihrer Fahrt berichtet und wie sich das Verhältnis von Conny und ihm im Laufe der Zeit entwickelt hat. Wie sie sich kennenlernten, zusammenzogen, eine Familie gründeten undundund. Während zu Beginn ihrer Liebe ihre Verschiedenartigkeit ihr beider Leben bereicherte, scheint es im Laufe der Zeit eher zur Belastung geworden zu sein, was sich während ihres Unterwegsseins in Europa recht deutlich zeigt. Doch ist das wirklich der Grund für die Entfremdung?
Auf den ersten Blick scheint dieser Roman auf amüsante Art die typischen Probleme einer Ehe zu erzählen, in der beide Partner zu verschieden sind. Doch tatsächlich geht es meiner Meinung nach darum, welche Prioritäten man sich in seinem Leben setzt und ob man hinter dem, was man liebt und tut, voll und ganz steht. Sicherheit und materieller Reichtum sind nicht das Wichtigste, häufig kosten sie ein glückliches Leben.
Douglas hat auf dieser Reise, die völlig anders verläuft als geplant, eine Reihe ungewöhnlicher Erlebnisse, die ihn veranlassen, manche Dinge anders zu betrachten. Er erzählt dies alles, die Reise wie auch die Vergangenheit, ohne jedes Selbstmitleid, eher in einem trockenen Ton, der mich immer wieder grinsen ließ. Erwähnt werden sollten auch die ausgiebigen Beschreibungen der Städte und Museen, die er mit und ohne Conny aufsucht - manchem/r könnte das fast zuviel sein ;-)
Für mich aber eine richtig schöne Lektüre!
Man wird gut Unterhalten
Im 19. Jahrhundert machte man Bildungsreisen durch Europa, um seinen Horizont zu erweitern, bevor man in den Ernst des Lebens einstieg. Ähnliches macht man heute auch noch – jetzt aber als Backpacker-Tour. Connie und Douglas denken aber eher an die ältere Version, als sie mit ihrem Sohn zwischen Schulabschluss und Studium zu einer Europa-Tour aufbrechen. Alles von Douglas akribisch geplant.
Soweit klingt alles nach einer einfachen Geschichte. Spannung und Witz lassen sich nicht wirklich vermuten. Aber sie sind durchaus vorhanden, wenn ich mir auch etwas mehr vom berüchtigten schwarzen Humor der Briten gewünscht hätte.
Die Zeitsprünge zwischen der gemeinsamen Europa-Reise von Douglas und Connie und der aktuellen Reise, sowie weiteren Rückblenden zu vergangenen Erlebnissen, machen es etwas anstrengender beim Zuhören. Für eine anspruchsvolle Autofahrt auf unbekannter Strecke fand ich es daher nicht so gut. Aber es verkürzte mir den Stau sehr angenehm. Einige der bereisten Orte kenne ich selber und konnte mich an vieles auch so erinnern. Das Kopfkino wird wunderbar angesprochen.
Doch die Reise ist eigentlich nur das Vehikel für die eigentliche Geschichte von persönlicher Weiterentwicklung, der Auseinanderentwicklung von Beziehungen und dem was unser Leben immer wieder auf den Kopf stellt – die plötzliche Veränderung. Zugegeben, die Verwendung einer Reise als metaphorisches Symbol für die Entwicklung ist nicht neu in der Literatur, aber sehr unterhaltsam von Nichols umgesetzt. Eine schöne Erzählung, die sich mit den Veränderungen, die das Leben so bringen kann befasst.
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